3 erfolgreiche Wege um permanent ungefragte Einmischung im Reitstall zu verhindern – und ein Geheimtipp zusätzlich

Im Reitstall existiert ein besonderes Phänomen: das der ungefragten Einmischung. Oder freundlich ausgedrückt: Deine Mitreiter erteilen Dir gern Ratschläge, wie Du den Umgang mit Deinem Pferd oder Dein Reiten verbessern kannst. Da ist nämlich plötzlich jeder Experte und fühlt sich berufen die Welt zu verbessern. Meist gehen diese Vorschläge von Einstellern aus, die gar nicht viel mit ihrem Pferd machen, sondern den Stall eher als Freizeitgestaltung sehen. Da kann man nicht einmal nachprüfen, ob das für denjenigen überhaupt funktioniert. Also ist das Ganze eh nur Theorie.
 
Ein besonderes Phänomen sind die Gruppe der sich einmischenden Stallbetreiber. Die haben – besonders wenn sie selbst Reiter sind – gern ihre eigenen Vorstellungen davon, was für Dich und Dein Pferd das Beste ist. Und mischen sich auch gern ungefragt ein. Hierbei kommt durch das besondere Machtgefüge hinzu, dass ungefragt oder ausgesprochen an Dich appelliert wird, den vorgeschlagenen Lösungsweg zu verfolgen. Sonst (unausgesprochen) kann es schwierig für dich werden weil der Stallbetreiber beleidigt ist, dass Du seine guten Ratschläge nicht annimmst.
 
Eigentlich werden wir ja alle mit einem gewissen Maß an Höflichkeit erzogen. Dazu gehört z.B., dass man anderen nicht ungefragt sagt dass sie ganz schön zugenommen haben. Reiter sehen aber offenbar überhaupt kein Problem darin, das über Dein Pferd zu sagen. Und während Du noch nach einer schlagfertigen Antwort suchst, sind sie schon bei der Futterumstellung für Dein Pferd und arbeiten einen neuen Bewegungsplan aus.
Die Problematik bei diesem Phänomen ist, dass Du Dich durch solche äußeren Hinweise kritisiert, angegriffen oder „nicht richtig“ fühlen kannst. Auch wird Dein Lösungsweg dadurch in Frage gestellt.
 
Ist ein Pferd krank oder das Training nicht erfolgreich und Du stellst das offen zur Diskussion wirst du vermutlich 10 verschiedene Lösungsansätze bekommen. Und musst all diese auswerten und einen Großteil davon abhaken. Dadurch entsteht aber auch ein permanentes Sich-Infragestellen. Und das wiederum kann zur Unsicherheit führen. Wie aber kannst du anders damit umgehen?
 
TIPP 1
Als Erstes empfehle ich Dir, nicht sämtliche Entscheidungen und Befindlichkeiten mit Deinen Miteinstellern zu diskutieren. Je mehr „Futter“ Du der Stallgemeinschaft gibst, desto mehr wird getratscht und sich seine eigene Meinung gebildet oder sogar gelästert. Wenn Du Dich darauf beschränkst, einige wenige Vertraute nach ihrer Meinung zu fragen oder nur im Kontakt mit den Experten (Reitlehrer, Hufbearbeiter, THP, Tierarzt usw.) zu bleiben, wird das schon mal viel Ruhe in die Situation bringen. Auch stellst Du Dich so nicht permanent selbst in Frage und kannst Deinem Gefühl vertrauen
 
TIPP 2
Werde Dir vor einem Gespräch klar, ob Du einfach nur mal Dein Herz ausschütten möchtest, oder einen Ratschlag brauchst. Und lass den anderen vorher wissen, was Du von ihm brauchst. Wenn Du vorab sagst: „ich brauch jetzt einfach mal jemanden der zuhört ohne zu werten. Wärst Du bereit das für mich zu tun?“ Hast Du die Aufgabe für den anderen vorab klar gestellt und Dein Gegenüber kann entscheiden ob das in Ordnung ist.
 
TIPP 3
Klare Grenzensetzung ist nicht nur für Pferde wichtig, sondern sollte auch gegenüber Einstellern praktiziert werden. Das fällt vielen Menschen schwer, da sie es als unhöflich empfinden. Allerdings muss man sich klarmachen, dass der andere mit seiner ungefragten Meinung ja bereits vorab übergriffig geworden ist. Ein guter Weg um sich aus der Affäre zu ziehen wäre eine Formulierung wie „Interessant! – Gleichzeitig wollte ich jetzt erst einmal den Therapieplan meiner THP weiter verfolgen und schauen wie weit uns das bringt“. Durch die erste Aussage erkennst Du das Bemühen Deines Gegenübers an (ob dies nun gewünscht war oder nicht). Durch das wunderbare Wort „gleichzeitig“ sagst Du auf höfliche Weise nein. Beide Ansätze dürfen nebeneinander stehen und sind o.K.
 
Und dann gibt es da noch die Kandidaten die tatsächlich so massiv übergriffig werden, dass sie Dich offen beleidigen oder öffentlich kritisieren. Die nicht einmal merken was sie da machen. Es ist sehr typabhängig, was in solchen Situationen helfen kann. Die Einen verlassen die Situation. Die anderen bellen zurück. Es hat sich bewährt, solche Einsteller ein paar Tage später in Ruhe unter vier Augen anzusprechen und zur Rede zu stellen. Oftmals haben sich die Gemüter dann schon beruhigt.
 
Das krasseste Beispiel habe ich einmal erlebt, als eine Reittherapeutin (!) meinen Unterricht lautstark und offen aggressiv kritisierte. Nicht nur, dass an dieser Szene verschiedene Miteinsteller beteiligt waren, auch vor meiner Schülerin wurde ich ja offen in Frage gestellt. In dieser Situation grenzte ich mich gegen die Reittherapeutin erst einmal verbal ab mit etwas Ähnlichem wie „sie solle sich bitte auf ihren Unterricht konzentrieren und uns in Ruhe lassen“. Ich analysierte die Situation und vermutete dass der Grund ihres Angriffs Eifersucht war. Meiner Schülerin erklärte ich dann meine Vermutung und warum das was sie in Frage gestellt hatte, meines Erachtens nach nicht richtig sei.
 
Ein paar Tage später traf ich besagte Reittherapeutin unter vier Augen und sprach sie an: ich wollte noch einmal auf Deinen Ausbruch neulich auf dem Reitplatz zurückkommen und Dir sagen: „so sprichst Du nicht noch einmal mit mir. Und ich verbitte mir auch jegliche Einmischungen in meinen Unterricht. Ich mache das auch nicht bei Dir.“ Sie hatte sich offensichtlich inzwischen auch schon entsprechende Gedanken gemacht, entschuldigte sich (authentisch) bei mir und stimmte zu dass das nicht wieder passieren würde.
 
4 DER GEHEIMTIPP
Wenn Du neue Wege gehst, bist Du unsicher. Denn Du kennst das Ergebnis ja noch nicht, bist noch nicht da, hast noch nicht gesehen, dass der Weg der Richtige ist. Denn es ist ein Weg, der erfühlt werden muss. Und je mehr Du dich in Deinem Gefühl in Frage stellen lässt, desto weniger gehst Du Deinen Weg. Und der der anderen ist nicht automatisch Deiner. Es ist ein schmaler Grad, abzuwägen, was Dir als wohlgemeinter Ratschlag durch andere vielleicht wirklich helfen kann und auf der anderen Seite vielleicht nur Kritik an Deinem Weg ist. Lerne, Dich mehr und mehr auf Dich zu verlassen. Dadurch wirst du sicherer und bist in der Lage, nur Deinem Gefühl zu folgen. Und das ist immer richtig.
 
Ich bin gespannt auf Eure Erfahrungen/Kommentare.

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